Kreuzfahrt mit der MS Costa Riviera im April 2000


Gesamter Inhalt: Deutschsprachige Reiseberichte

Von: Edith Graeser

Sonntag, 16. April 2000 abends 11 Uhr Flughafen Stuttgart: Noch ein Ehepaar aus Vaihingen/Enz wartete auf den Bottroper Bus, der uns nach Savona bringen sollte. Ab Karlsruhe waren wir komplett.

Strömender Regen erwartete uns am Montag, den 17. April gegen 10 Uhr vormittags in Savona. Vier Stunden sollten wir dort in einer Halle bis zur Einschiffung warten. Diese wurde immer voller. Ein Shuttle-Bus zur Stadt hinauf wurde angekündigt, mit dem ich mich zum Hauptplatz bringen liess: Eine hübsche alte Stadt am Fuße des Ligurischen Apennin mit vielen Palästen und Arkaden. Die Außenbezirke von Bus und Schiff aus gesehen in der zerklüfteten Landschaft. Zurück sollte der Bus erst wieder um 1/4 1 Uhr fahren, also etwa 1 1/2 Stunden später. Da die Stadt im Regen nicht so viel hergab und ich mir am Vorplatz des modernen Justizpalastes nasse Füße geholt hatte, entschloß ich mich, zu Fuß zum Hafen hinunter zu gehen. Ein zweites Mal erfragte ich die Richtung, und tatsächlich, 5 Minuten später erblickte ich unsere "Costa Riviera" neben der noch größeren in Panama registrierten "Azur" der Festival-Linie ankern. Die "Costa Riviera" war in Monrovia zu Hause. Auf der ganzen Reise überlegte ich, wo Monrovia sein könnte. Erst zu Hause stellte ich fest, dass es die Hauptstadt von Liberia ist.

Die 1963 gebaute "Costa Riviera" verdrängt 30.361 BRT, ist 213 m lang, 29 m breit, hat Platz für 958 Passagiere in 483 klimatisierten Kabinen und 470 Besatzungsmitglieder. Ihre Reisegeschwindigkeit beträgt 21 Knoten. Sie besitzt 10 Decks, wovon 2 unsichtbar sind, mehrere Aufzüge, 1 Pool, einige Bars, Restaurants, Casino, Kino, Theater, Arzt, Kapelle, Bibliothek, Wäscherei, Schönheits- und Fitnesszentrum mit Sauna, Duty-Free-Einkaufspassage, Kinderclub und Sportmöglichkeiten. Stabilisatoren sind ebenfalls im Prospekt aufgeführt. In den letzten Jahren sei sie vollständig renoviert worden.

Nach einer längeren Wartezeit durften wir endlich an Bord. Die Kabine war ähnlich eingerichtet wie die im letzten Jahr auf der "Festival Flamenco", nur ein wenig grösser und mit zusätzlichen Klappbetten an den Wänden. Auch die ebenso verschraubten Fenster waren größer. Der Fernseher funktionierte und zeigte im 1. Programm die jeweilige Position unseres Schiffes in wechselnden Maßstäben, dazu die Position, bezogen auf Längen- und Breitengrad, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und -richtung.

Beim Auspacken unseres umfangreichen Gepäcks, das wir problemlos unterbringen konnten, trat ich mit meinen bloßen Füßen auf den Teppichboden zwischen den Betten: "Aua, da ist es ja naß!" stellte ich fest. Vorher hatten wir nur einen dunkleren Fleck gesehen und nicht weiter beachtet. Wenn wir jetzt mit Schuhen darauf traten, quoll Wasser hervor. Sofort reklamierten wir. Ich hatte bei meiner Reklamation betont, dass dieser Fleck nicht durch uns verursacht worden sei, aber die philippinische Kabinen-Stewardesse verriet uns, dass es in unserer Kabine bereits früher Wasserprobleme gegeben habe. Tatsächlich wurde während unseres Abendessens das Wasser so gut wie möglich weggesaugt. Über Nacht legte ich eine grosse Plastikfolie vor mein Bett, um nicht mit dem ersten Schritt in Wasser zu treten. Am nächsten Morgen war die Unterseite der Folie ganz naß und selbst meine Hände rochen anschließend nach Käse. An der mein Bett umgebenden Schabracke war die Feuchtigkeit inzwischen stellenweise 5 cm hochgestiegen. Also wurde nochmals massiv reklamiert. Eine Ersatzkabine hatten sie nicht, und eine Innenkabine hätten wir ohnehin abgelehnt. Zum ersten Mal in unserem Leben erwogen wir, um eine Reisepreis-Minderung zu kämpfen. Kaum gingen wir nach der zweiten Reklamation in die Kabine, kamen bereits die Handwerker. Ein Manager, eine Managerin und die Stewardess kamen dazu und es wurde uns versprochen, die Sache während des Landausflugs in Ordnung zu bringen.

Pompeji, das wir am Dienstag, dem 18. April besuchten, ist sehr eindrucksvoll mit seinen aus der meterhohen Vesuv-Asche ausgegrabenen Ruinen. Den Vesuv konnten wir leider von nirgends sehen, er war vollkommen in Dunst und Wolken gehüllt. Von Neapel sahen wir vom Bus aus, nachdem wir durch die blühende Landschaft gefahren waren, nur ein paar öffentliche Gebäude in der Nähe des Hafens und oben auf einem Hügel die Festung "Castel Nuovo" aus dem 13. Jahrhundert. Die Wohnblocks und viele andere Häuser erinnerten in gewisser Weise an den Osten, denn zwischen gut erhaltenen befanden sich total vernachlässigte und manche machten einen entmieteten Eindruck.

Als wir auf unser Deck kamen, auf dem sich an den Außenseiten je 45 Kabinentüren befanden, sahen wir von weitem einen unserer Buggies vor unserer Tür stehen. Die Handwerker waren gerade dabei, den durchnäßten Teppichboden durch einen frischen zu ersetzen und hatten auch mein Bett im Gang hingestellt. Sie baten uns noch um ein wenig Geduld, nahmen uns das Ausflugsgepäck ab und wir gingen in einen der Aufenthaltsräume. Dort fand uns nach einiger Zeit der Manager, liess sich nicht abschütteln und geleitete uns in unsere Kabine, wo er uns die Reparatur zeigte. Die Kabine roch jetzt zwar nach Teppichkleber, aber der verflüchtigte sich bald. Als Überraschung zeigte er uns eine Schüssel mit Obst und für jeden einen Bademantel mit der Aufschrift "Millennium 2000". Jussi ist er zwar zu eng, brauchen tun wir keinen, freuten uns jedoch sehr über die nette Geste.

Die Nässe muss durch den Regen von aussen gekommen sein. Am äußeren Deck hatten die Handwerker den brüchigen Belag an mehreren Stellen ausgespachtelt und später blau nachlackiert, so dass die berechtigte Hoffnung bestand, in der Kabine von Wasser nicht mehr belästigt zu werden. In Sizilien, Ägypten, Israel und Griechenland sowie auf der Rückfahrt erwarteten wir keinen Regen mehr.

Am Mittwochmorgen, dem 19. April, legten wir in Catania auf Sizilien an in Richtung auf den schneebedeckten Ätna. Über blütengesäumte Straßen fuhren wir nach Taormina. Dieses liegt mit seinen engen Gassen malerisch an einem Berghang mit herrlichen Blick auf das Ionische Meer, der am allerschönsten ist von der antiken Arena aus, der der Ätna gegenüber liegt, darunter an einer Bucht Naxos, dahinter Catania. Einer seiner Gipfel ist zu warm für den Schnee. Ähnlich wie neben der Straße blühen auch hier Glyzinien, Wolfsmilchbüsche, gelegentlich dunkelroter Klatschmohn und viele andere Blumen. Leuchtend gelb blühten einerseits dem Labkraut ähnliche Pflanzen und andererseits solche, deren Blütenstengel aus einem dem Dill ähnlichen Blätterwusch emporwuchsen. Viele Mimosen bewunderten wir nur vom Bus aus, so dass ich keine einzige fotografieren konnte. Über wild wachsende Alpenveilchen staunte ich immer wieder, weil die zum Gedeihen erfahrungsgemäß viel Wasser brauchen.

Donnerstag, der 20. April auf See und trotzdem mit recht umfangreichem Programm.

Zum ersten Mal gingen wir zum Frühstück nicht ans Buffet am 7. Deck, sondern ins Restaurant im 4., wo wir uns das Essen allerdings auch an einem Buffet aussuchten. Die Teller wurden nahe dem Eingang von einem Steward gereicht und andere boten an, die vollen Teller zum Tisch zu tragen. Die Auswahl war etwa die gleiche wie oben: Pumpernickel, zweierlei Toastbrote, dreierlei Käse, Vorderschinken, etwa viererlei Wurst und Salami, Brötchen standen am Tisch, wo auch die Getränke serviert wurden. An einer Theke gab es englisches Frühstück: Rührei, weiche Eier, gerösteten Speck und warme Würstchen. Es gab allerdings auch Müslis, Melonen, Ananas, Grapefruits, Orangen, Äpfel und sogar Torten.

Bei diesem Frühstück saßen an unserem Tisch ein italienisches und ein deutsches Paar, letzteres mit zwei Kindern. Jussi holte sich etwas Rührei. Beim Pfeffern löste sich der Deckel des Streuers und das Rührei war unter einer dicken Schicht Pfeffer verborgen. Dadurch ergab sich Kontakt zu der deutschen Familie, die in Stuttgart-Kaltental wohnt, aber nicht mit unserem Bus gekommen war. Viele der Gäste waren mit eigenen Autos bis Savona gekommen, andere bis Mailand geflogen und von dort mit Bussen gebracht worden.

Neben mir saß der Sohn der Kaltentaler Familie, der wie Lukas in die zweite Klasse geht, aber einen jüngeren Eindruck machte. Seine Frage an uns lautete: "Seit Ihr im Altersheim?" Ein Zeichen, dass wir unser Alter doch nicht verbergen können und Schätzungen, die 10 Jahre darunter liegen, oft reine Höflichkeit sind.

Wir fahren der Sonne entgegen zwischen Kreta und Libyen. Die Bugwellen wirken, als hingen von den Wellenkämmen lauter silberne Kettchen herab, eingefaßt von Schaum. Das Meer selbst ist schwarzblau, unter Schaumflecken hell türkisgrün und bekommt immer mehr weisse Schaumkronen. Der Himmel ist im Moment wolkenlos und verbindet sich am Horizont verschwommen mit dem Meer, nach Süden zu die Sonne grau glänzend reflektierend.

Entferne ich mich von der Reling, sitze ganz still auf meinem Stuhl und fixiere den Handlauf gegen den Horizont, bewegt er sich durch das Schlingern des Schiffes etwa bis zur Mitte des Wasserspiegels oder noch weiter abwärts.

Auf der "Costa Riviera" hätten wir gerne wie auf der "Festival Flamenco" die Kabine in der Mitte des Schiffes gehabt, weil wir da die Wellenbewegungen nicht so stark zu spüren glaubten. Jetzt meinen wir, dass sie durch die Länge des Schiffes total ausgeglichen werden und sich nur die seitlichen Bewegungen bemerkbar machen. Am Anfang der Reise waren überall Plastiktüten ausgelegt gewesen und manche Leute hatten gegen Seekrankheit ein Pflaster hinter ein Ohr geklebt bekommen. Wir nicht. Uns hatte auch die Busfahrt ganz hinten im oberen Stock nichts ausgemacht.

Eigentlich können wir uns hier auf dem Schiff wie die Könige fühlen, ich werde an das Ludwigsburger Schloß erinnert. Wie dort hat das Personal, das uns umsorgt, eigene Treppenhäuser. Hier werden zwar dank der Klimaanlage die Öfen nicht von außerhalb beheizt, aber das Personal verschwindet in seinen Gängen, sobald es seine Aufgaben erledigt hat. Wie viel Zeit können die Stewards wohl für sich persönlich verbringen? Man hat den Eindruck, sie sind den ganzen Tag beschäftigt. Viele junge Leute fahren sicher zur See, um die Welt kennen zu lernen. Während der Landgänge der Gäste haben vielleicht manche umschichtig die Möglichkeit, sich die Gegenden anzusehen. Findet jedoch in größeren Häfen Gästewechsel statt, ist sicherlich der Einsatz aller Kräfte nötig, um das ganze Schiff wieder herzurichten. Schnell muss es gehen, so schnell, dass manchmal auch etwas übersehen wird, so zum Beispiel letztes Jahr auf der "Festival Flamenco", wo wir am Ende der Reise beim Einpacken unter den Betten ein neues Paar Lederpantoffeln und einen Sektkorken fanden.

Da wir im Moment Osterferien haben, besteht ein grosser Teil der Passagiere aus Kindern, etwa 15 - 20 %. Den Sonderpreis von 199,- DM je Kind in der Kabine der Eltern haben viele ausgenutzt, sicher nicht immer zur Freude ihrer Kinder. Für diese gibt es aber besonders viel Animation und Beschäftigung. Wieviele von ihnen sind wohl an den Sehenswürdigkeiten der angesteuerten Länder interessiert? Die immer wieder anders aussehenden Formen der Wellen zu beobachten dürfte für sie eher langweilig sein und nicht ein Genuß wie für uns ältere, die ja ins Altersheim gehören.

Die Wasseroberfläche: Aus Bergen werden Täler und aus Tälern Berge. Werden diese zu hoch, grössere verlieren ihr Gleichgewicht und überschlagen sich und bekommen eine Schaumkrone. Bis jetzt habe ich noch keinen Fisch gesehen. Andere Leute wollen Delphine beobachtet haben.

Frei nach Shakespeares Romeo und Julia: Es war ... was wohl? ... und nicht der Regen! Am Donnerstagabend trat ich wieder auf Nässe, die unter meinem Bett hervorkam. Am erneuerten, nicht neuen Teppichboden war kein Fleck zu sehen, aber an der Schabracke meines Bettes sah man die Feuchtigkeit wieder hochsteigen. Also: sofort Meldung machen, obwohl es bereits 10 Uhr abends war. Während unseres Ausflugs am Freitag sollte wieder repariert werden.

Bei angenehm warmer Temperatur ging es am Karfreitag, dem 21. April, von Alexandria aus zu den ägyptischen Altertümern, zuerst nach Memphis. In Alexandria lag gegenüber von uns die MS Berlin. Sie ist aber nicht oder nicht mehr, wie im Fernsehen gezeigt, in Neustadt registriert, sondern so wie unsere "Costa Riviera" in Monrovia. Jussi hatte seine Videokamera am Schiff zurückgelassen, weil deren Benutzung 16 Mark kosten sollte, das Fotogafieren war billiger. Für das Fotografieren der Figuren in Memphis war extra zu zahlen. In einer offenen Halle liegt eine riesige Steinfigur des Ramses II, davor in einem Park Säulen- und Skulptur-Fragmente zwischen blühenden Bäumen. Die Ruinen der Paläste der ehemaligen Hauptstadt seien als Steinbrüche verwendet worden, weshalb nicht mehr allzu viel davon zu sehen ist. Innerhalb der Halle stand am Eingang ein Fellache in langem Mantel und animierte mich, ihn zu fotografieren. Danach flüsterte er mir zu: "Bakschisch, Bakschisch!" Ich kramte eine deutsche Münze hervor. Da sie mir zu gross schien, musste er mir noch einmal posieren.

In Sakkara besuchten wir ein antikes Gebäude mit vielen gut erhaltenen oder restaurierten uralten Malereien. Für diese Innenräume hatte ich auf die Fotolizenz verzichtet. Sie wurden uns erklärt von der ägyptischen Reiseführerin, die nach einem Germanistik-Studium sehr gut Deutsch sprach. Es wäre sicher sehr interessant, sich eingehender mit den Zeichnungen zu beschäftigen, da unscheinbare Kleinigkeiten besondere Bedeutungen haben. Als wir wieder ins Freie kamen, waren die in der Nähe liegende Stufenpyramide sowie die verfallene wegen eines kleinen Sandsturmes fast nicht zu sehen und wir stapften mit Sand in Mund, Augen, Haaren und Kleidern durch den tiefen weichen Sand zu einer Art Lagerhaus oder einem ehemaligen Tempel zu Ausgrabungen, während sich der Sturm inzwischen gelegt hatte. Auf dem Weg zurück zum Bus, der bald weiterfahren sollte, lud mich ein Eseltreiber ein, mich mit und auf seinem Esel zu fotografieren. Aufzusteigen lehnte ich jedoch ab. Nach dem Foto gab ich ihm zu verstehen, dass ich keine Münzen mehr habe. Doch da er mitbekommen hatte, dass ich ägyptische Pfund besass, wollte er die Mark, die mir ein Mitreisender geliehen hatte, nicht mehr nehmen und mir den ägyptischen Schein wechseln. Inzwischen war Jussi gekommen, um mich zum Bus zu scheuchen, was der Mann ausnützte, um mein Geld sowie das Wechselgeld einzustecken und nicht wieder herauszurücken. So werden auf dem Foto zwei Esel zu sehen sein.

Um die Mittagszeit hielten wir bei einem Gartenlokal mit blühenden Rosen und Geranien, wo man essen und trinken konnte oder den Inhalt des Lunchpaketes verzehren durfte. Am Eingang buken zwei Ägypterinnen Fladenbrote in einem Backofen. Sie schmeckten uns sehr gut, erinnerten etwas an Matzen und kosteten nicht weniger als sie in Deutschland kosten würden. Auf der Toilette kassierten zwei Kinder. Ich hatte wieder nur einen Schein und gab zu verstehen, wieviel ich dem Buben geben und wieviel ich zurück haben wollte. Zuerst gab er mir zu wenig, auf meine Reklamation zu viel wieder, so dass ich ihm die Differenz zurückgab.

Die nächste Station war Giseh. In Giseh, durch das wir fuhren, blühten auch wieder viele Blumen, der Rand der Stadt ging abrupt in Wüste über, von wo es bis zu den drei Pyramiden und zum Sphinx nur einen Katzensprung weit ist. Die Pyramiden sind wirklich sehr eindrucksvoll und der Sphinx auch. Von dort hatte man in der klaren Luft eine sehr gute Sicht bis Kairo und naheliegende Hügelketten. Faszinierend waren die zahlreichen Kamelreiter in ihren bunten Umhängen. Der nicht reitenden konnte man sich nur schwer erwehren, aber man lernt dazu. Eine Besichtigung der Grabkammern war nicht möglich, für das zwischen zwei Pyramiden liegende Museum keine Zeit, nur für die Besichtigung des Sphinx aus der Nähe hatten wir Eintrittskarten. Nach der Eingangskontrolle stellten wir fest, dass die Schlange im abgesperrten Raum so lang war, dass es niemals reichen würde, nach der Besichtigung rechtzeitig am Bus zu sein. So drängten wir uns durch das enge Nadelöhr, das Ein- und Ausgang bildete, durch und konnten den Sphinx lediglich aus der Ferne bewundern. Seinen Bart, der den durch Absturz gefährdeten Kopf einstens stützte, besitzen die Engländer und rücken ihn nicht heraus.

Zuletzt ging es zu einem Papyrus-Laden, wo die bestellten Goldanhänger für Ute und Dagmar sowie die T-Shirts für Thomas und Lukas, mit den entsprechenden Namen in Hieroglyphen, bereitlagen. Wir kritisierten, dass wegen der verspäteten Ankunft des Schiffes am Morgen und der damit verbundenen zusätzlichen Wartezeit die Besichtigungen gekürzt worden waren, aber nicht der Aufenthalt zum Einkaufen.

In diesem Papyrus-Laden sollte uns die klassische Papyrus-Herstellung gezeigt werden. Da jedoch Freitag der wöchentliche Feiertag der Moslems ist, war nur eine Not-Besetzung da, so dass uns der junge Mann dort lediglich einen Papyrus-Stengel schälte, das Innere in Streifen schnitt, diese Streifen kreuzweise übereinander legte und erklärte, so kämen sie für einige Zeit in die Presse. Als Jussi andeutete, dass er eine grössere Holzkassette mit Perlmutt-Einlage für seine Brillen suche, probierten die Verkäufer auf alle Art und Weise ihm eine zu verkaufen. Weil die vorhandenen zu schmal waren, schlugen sie vor, eine anfertigen zu lassen und nach Deutschland zu schicken. Sie gaben erst auf, als er sie darauf aufmerksam machte, dass er bereits einen ahnsehnlichen Betrag dort gelassen hatte.

Im Bus wurde erzählt, dass es einen Treffpunkt für alle etwa 12 oder noch mehr Busse gebe, die dann gemeinsam zum Hafen nach Port Said fahren sollten. Ich meinte, dies sei doch Blödsinn, da es doch schneller gehen müsste, wenn sich die Ankunftszeiten der Busse zeitlich verteilen würden. Vermutlich wurde jedoch aus Sicherheitsgründen so verfahren. Angeblich habe es für uns eine Polizeieskorte gegeben. Man kann sich vorstellen, welche Menschenmassen ins Schiff hineinwollten, es dürften etwa 800 Personen gewesen sein, diesmal nicht mehr eskortiert von der Polizei, sondern von zudringlichen Händlern. Bis zur Pontonbrücke am Schiffseingang drängten sie sich. Die letzten waren mit Kähnen bis dahin gekommen.

An Bord zurück, war unsere Kabine wieder in Ordnung. Der Teppichboden war nur inzwischen noch mehr zum Puzzle geworden. Dies störte uns aber nicht, Hauptsache, er war trocken. Die wirkliche Ursache für die Nässe haben wir nicht erfahren. Erfahren und beobachtet haben wir danach allerdings, dass auch andere Kabinen entlang unseres Ganges hatten repariert werden müssen, irgendwelche angeblich, weil die Sprinkleranlage nicht richtig funktioniert hatte.

Wir hatten beabsichtigt, in Israel am Samstag, dem 22. April vom Hafen Ashdod aus uns dem Ausflug nach Masada anzuschließen. Wir hatten uns sehr darauf gefreut, da Masada ein Traum-Berg ist ähnlich wie Macchu Picchu, auf den wir in unserem Leben garantiert nie mehr hinauffahren werden. Da hingegen jeden Sabbat in Israel alle Häfen ausser Haifa geschlossen sind, musste nach Haifa ausgewichen werden. Dies hätte dem Reiseveranstalter bekannt sein müssen und dokumentiert nicht die beste Organisation! Reklamieren kann man bei wem und wo man will, es ist keiner verantwortlich. Außerdem war länger zu fahren und der Halbtagsausflug zum See Genezareth konnte so wie der nach Jerusalem erst später beginnen. Eine weitere Verspätung gab es durch die israelischen Einreiseformalitäten. Sämtliche Passagiere mussten sich polizeilich registrieren lassen, auch die, die nicht beabsichtigten, Israel zu betreten. Vier Familien wurden zweimal durch Lautsprecher aufgefordert, sich der Polizei vorzustellen, zuletzt nur noch eine Familie. Für 3/4 10 Uhr war die Kontrolle angesagt, um 1/2 11 kam die Lautsprecher-Durchsage, dass die Polizei noch nicht an Bord sei und sich weiter verspäten würde. Wie diese Wartezeit die allgemeine Stimmung hob! Dabei sollte unser halbtägiger Ausflug erst nach dem vorzeitigen Mittagessen starten. Wie mag es bei einem solchen Durcheinander erst in der Küche zugehen? Wann soll das Essen für wieviele Personen fertig und warm sein? Das arme Personal, das Puffer zwischen Organisation und Passagieren ist, muss sich bestimmt einiges anhören. - Jussi hatte sich nach der anstrengenden Ägypten-Tour noch einmal zum Ausruhen hingelegt. Vielleicht darf die Polizei heute am Sabbat gar nicht kontrollieren? Unkontrolliert darf aber auch niemand von Bord! Im Hafen wird jedoch trotzdem gearbeitet, ein paar riesige Kräne mit Laufkatzen, die Zick-Zack-Kabel hinter sich herziehend, bewegten sich mit Containern auf Schienen hin und her.

Nach 12 Uhr war die Polizeikontrolle erledigt und jeder erhielt einen Ersatzausweis mit Stempel nach vergleichender Gesichtskontrolle mit dem Original-Reisepaß.

Das Mittagessen wählte ich nach der Empfehlung des Küchenchefs: als Vorspeise Krabben mit Tintenfisch, als erste Hauptspeise Risotto mit Parmesan. Dies war fad und pappig, so dass ich kaum die Hälfte ass, die zweite Hauptspeise bestand aus Tintenfisch und Bohnen in Gemüse. Dies schmeckte nicht schlecht.

Als Reiseleiterin hatten wir eine Jüdin deutscher Abstammung: Vater aus Breslau, die Mutter aus Bad Kreuznach, beide waren noch vor dem Holocaust nach Palästina gekommen. Noimi war etwa 55 Jahre alt, in Israel geboren, sehr kompetent und sprachgewandt. In Nazareth zeigte sie uns im arabischen Viertel die Verkündigungskirche, ein moderner Bau über alten Ruinen. Im Kirchenschiff am ersten Stock Madonnenbilder, geschaffen von Künstlern aus aller Welt. Darunter ein plastisches aus Ton, das von Kanada gespendet worden war. Aus Deutschland stammt aussen eine Taufkapelle mit bunten Glasfenstern. Die Araber hatten den ganzen Stadtteil mit Girlanden bunt geschmückt und hier waren alle Geschäfte offen. Auch unser Busfahrer war Araber.

Wie ich bereits oben erwähnte, haben die Araber ihren Ruhetag am Freitag, am Samstag feiern die Juden ihren Sabbat und wir Christen haben unseren Sonntag.

Noimi bezeichnete sich selber als weltoffen, nicht religiös und klagte über die orthodoxen Juden, die als Minderheit eine überproportionale Macht besäßen. Die Rechte, die sie einmal errungen haben, geben sie nicht mehr ab. Sie haben zum Beispiel die besten Schulen und als einzige ganztags geöffnete Kindergärten und seien fruchtbarer als die übrigen Israelis. Schicken Nichtreligiöse ihre Kinder in die fundamentalistischen Kindergärten, werden sie dort entsprechend erzogen. Wollen die Eltern am Sabbat etwas unternehmen, werden sie von den kleinen Kindern belehrt, dass dies böse sei usw.

Unterwegs wurden uns von einer Anhöhe aus Jordanien und die Syrien abschirmenden Golan-Höhen jenseits des Genezareth-Sees gezeigt. Wieder grünte und blühte es reich, vor allem durch künstliche Bewässerung von dem mehr als 200 m unter dem Meeresspiegel liegenden See Genezareth, dem einzigen Süßwasser-Reservoir Israels. Dieses Wasser wird einige hundert Meter hoch zu einem Speichersee gepumpt und von dort aus verteilt. Dieser See lag neben unserer Strecke nach Haifa.

Die Taufstelle im Jordan ist ein idyllischer Platz inmitten eines Wäldchens, nur war sie sehr frequentiert. Es gibt dort auch Lokale und einen Supermarkt. Angenehm war, weder hier noch in Haifa keine aufdringlichen Händler zu sehen.

Auf dem Weg zu einer Anhöhe von Haifa, wohin Israels einzige Metro täglich ausser am Sabbat fährt, fuhren wir an einem sehr gepflegten Park mit Tempel der Baha'i-Gemeinde vorbei bzw. darüber hinweg. Der grösste Teil von Haifa sei terrassenartig auf Berghänge gebaut, so dass beinahe jeder einen Blick zum Meer hat, denn der Hafen befindet sich in einer Bucht auf der Rückseite der besuchten Anhöhe.

Zum Abschluß dieses Ausfluges fuhren wir durch eine Gegend mit viel High-Tech-Industrie zu einer Diamant-Schleiferei. Am Sabbat waren die Werkstätten geschlossen, aber nicht die Verkaufsräume. Über das Diamant-Schleifen wurde uns ein wenig Theorie erzählt, bevor wir auf die ausgestellten Juwelen losgelassen wurden. Wie gerne hätten mir einige der Verkäuferinnen etwas verkauft! Ich aber guckte nur und genoß den Anblick der zum Teil wunderschönen Stücke. Um die exklusivsten Exemplare vorgeführt zu bekommen, musste man sich für spezielle Räume anmelden.

Über Nacht fuhren wir nach Zypern und erreichten am Ostersonntag, dem 23. April, Limassol. Da es morgens regnerisch war, erhielt jeder Passagier einen verpackten Regenschutz.

Das dortige Omodos stünde unter Denkmalschutz und dem Schutz der UNESCO. Inmitten der Berge gelegen bietet es einen malerischen Anblick mit seiner Klosterkirche und seinen gepflegten alten Häusern und engen Gäßchen inmitten blühender Bäume und Sträucher. Nach dem Gottesdienst eilten die Frauen zu ihren kleinen Läden, in denen sie Keramiken und Kunstgewerbe, vor allem Handarbeiten, anboten. Ich hielt die meisten für mindere Qualität. An einer Stelle befand sich ein kleiner Schaugarten mit einheimischen (?) Gewürzpflanzen.

Kurium besitzt Ausgrabungen einer antiken Thermal-Badeanstalt mit sehr schönen Mosaiken. Etwas bergab mit Sicht auf Meer, die es ursprünglich wegen Bühnenhaus und anderen Gebäuden nicht gegeben hatte, saßen wir im Amphitheater mit Platz für 1500 Personen. Ursprünglich hätte es 3000 Personen Platz geboten.

Vor der Rückfahrt durch reiche Zitrusplantagen besichtigten wir während starken Regens einen Apollotempel. Dem Reiseführer, der akademischer Touristiker war, fiel auf, dass keiner den vom Schiff spendierten Regenschutz angelegt hatte: "Sie alle wollen den wohl als Andenken behalten?"

Für Rhodos am Ostermontag, dem 24. April, hatten wir den Ganztages-Ausflug nach Lindos gebucht. Aber wann sollte es losgehen? Die täglich erscheinende Bordzeitung, in der die Termine des nächsten Tages stehen, kam und kam nicht. Mitten in der Nacht hörte Jussi, dass sich draußen im Gang etwas regte. An einer Nachbarkabine steckte eine Zeitung, allerdins eine französische. Danach konnte er wenigstens den Wecker stellen für 1/2 7 Uhr. Um 1/4 8 Uihr war Treffpunkt. Jussi war unausgeschlafen und ich ärgerlich über die miserable Organisation. Ich soll ein Mädchen von der Crew mit meinem Ärger überfallen und erschreckt haben. Angeblich sei ein Computer an der Verspätung der Zeitung schuld gewesen. Es gibt freilich Computer-Ausfälle, aber in dem Fall hätte es sich unbedingt gehört, am Abend vorher den Termin durch Lautsprecher zu verkünden. Den Treffpunkt hätte man dann immer noch der Zeitung entnehmen können!

Lindos erreichten wir durch grünendes und blühendes bewaldetes Hügelland. Es liegt an der mittleren Ostküste von Rhodos an einer Bucht an einem Berghang und wird optisch beherrscht von seiner 166 m hoch liegenden Akropolis, einst Sitz der Johanniter. Ich hatte mich im Gegensatz zu Jussi entschlossen, mit der Gruppe hinaufzusteigen. Neben dem recht breiten Weg, der zum Teil über Stufen hinaufführte, boten Händler ihre Waren an. Als ich auf halbem Weg in dem Menschengedränge gewahrte, dass es daneben senkrecht nach unten ging, kehrte ich lieber um. Durch die engen Gassen, gesäumt von Läden und Lokalen, in manchen einsehbaren Höfen antike Bauteile, wälzten sich die Massen. Die Häuser würden dreimal im Jahr frisch gekalkt und waren dadurch einheitlich leuchtend weiss. Ein Stück ging ich Richtung Strand bis zu einer offenen Abwasserleitung, die mich nicht ermunterte, an ihr entlang weiter zu gehen. Am Hauptplatz, an dem der Jasmin duftete, traf ich dann Jussi.

Vor dem sehr reichhaltigen und vielseitigen Mittagsbuffet in einem Hotel bei Rhodos wurde uns in einef Keramik-Werkstatt das Töpferns mit der Scheibe gezeigt.

In Rhodos selbst besuchten wir, über mit Kieseln gepflasterten Straßen, in die gelegentlich Muster eingelegt waren, das Museum im Palast der Großmeister, das an Montagen geschlossen ist. Für Reisegruppen wurde eine Ausnahme gemacht. Dort sind vor allem die wunderschönen Bodenmosaiken erwähnenswert. Sie sollen auch von anderen Inseln stammen. Der ganze Palast ist nicht mehr im Original erhalten, aber gut restauriert. Er sei noch im vorigen Jahrhundert wieder von Herrschern bewohnt worden.

Innerhalb der Festungsmauern wurden wir in der Ladenstraße zweimal in wortreichem gutem Deutsch zu Erfrischungsgetränken in Pelzgeschäfte eingeladen, obwohl wir von vornherein unsere Absicht erklärt hatten, nichts zu kaufen. Man muss den Verkäufern zugute halten, dass sie mit dem Verkaufen nicht allzu zudringlich waren, sondern sich sehr nett mit uns unterhielten. Im zweiten Laden wurde uns Kaffee kredenzt, im ersten Ouzo mit Orangansaft. Da es sich hierbei um Fanta handelte, die ja gezuckert ist, bekam Jussi zusätzlich Ouzo mit Wasser. Der schmeckte scheußlich wie Medizin.

Auf der Weiterfahrt konnten wir noch längere Zeit auf der linken Seite vom wunderschönen Rhodos Abschied nehmen, rechts zogen türkische Inseln an uns vorbei.

Für den Vormittagsausflug nach Gythion (sprich Güfion) durften wir am Dienstag, den 25. April 1/4 Stunde länger schlafen, hatten dies rechtzeitig erfahren, so dass es keinen Grund zum Ärger gab. Zwischen den Gebirgen begrüßte uns bei der Einfahrt in den Hafen ein schneebedeckter Berg. Zum ersten Mal wurden wir ausgetendert und über Sparta fuhren wir nach Mistra. Dieses ist eine antike Palast- und Klosteranlage in den Bergen mit einer wunderbaren Aussicht auf fruchtbares Land und Hügel. Erst ging es zu einer römischen Kapelle hinauf, in der uns alte, nicht sehr gut erhaltene Fresken gezeigt wurden. Ich bekam von einer Aufseherin eine Rüge, weil ich geblitzt hatte, andere blitzten aber auch. Jussi kehrte hier um und ermunterte mich, mit den anderen zur Klosterkirche hinaufzusteigen. Hierzu ging es recht lange steil bergauf, bis wir mit dem Eintritt in das alte Frauenkloster mit seinen besser erhaltenen Fresken in kräftigen Farben belohnt wurden. Hier wohnen sogar noch einige Nonnen. In der kleinen Klosterkirche mussten wir auf die Erklärungen durch unsere Fremdenführerin warten, bis die Gruppe vor uns fertig war. Entsprechend wurden dann für uns die Erklärungen gekürzt, da der Bus bereits wartete.

Während des Mittagessens hatte unser Schiff für die Rückfahrt abgelegt. Jussi ging für sein Mittagsschläfchen in die Kabine, ich wollte auf ein offenes Seitendeck. Nur auf einer einzigen der Liegen war ein Mann zu sehen und der Fußboden war feucht, denn im Moment spritzte das Wasser bis zum 5. Deck hoch. Dabei kam der im Moment kräftige Wind von der anderen Seite. Seine Böen erreichten an diesem Nachmittag eine Geschwindigkeit bis zu 50 Stundenkilometern, doch war der Winddruck auf der dem Wind zugekehrten Seite so stark, dass ich die Türe fast nicht aufbrachte. Dafür war hier der Boden strohtrocken. Da ich den Wellengang in Ruhe genießen wollte, setzte ich mich nebenan hinter ein Fenster. Wie hoch die Wellen wohl wurden? Von hier oben konnte man schlecht schätzen, doch dürften die höchsten bis 3 m hoch gewesen sein.

Mittwoch, der 25. April: Tag auf See. Nach Umrundung des Peloponnes hielt das Schiff bei weiterhin klarer Sicht bis zum Horizont wieder Kurs auf die Straße von Messina. Die schmalste Stelle, das Tor von Faro, ist wirklich schmal und viele Schiffe fuhren darauf zu oder kamen von dort.

Kurz vor 12 Uhr, ich saß gerade an meinem Lieblingsplatz im geschlossenen 5. Deck, während Jussi in der Kabine war, verstand ich die italienische Durchsage, dass wir am Stromboli vorbeifahren würden. Die deutsche Durchsage wartete ich gar nicht ab, sondern eilte zu Jussi. Der Stromboli war schon nahe vor uns auf der rechten Seite zu sehen. Oder war er es gar nicht? Über ihm waren ein paar Wölkchen zu sehen, wir waren aber nicht in der Lage, zu entscheiden, ob es wirkliche Wolken oder ob wir uns Rauchwolken bloß einbildeten. Je näher wir kamen, desto deutlicher wurde der Rauch. Vor uns in der Mitte des Inselberges nur eine dunkle riesige Fläche, rechts und links davon an den Ufern leuchteten weisse Orte. Inzwischen hatte sich das Deck vor unserer Kabine bevölkert mit vielen Menschen, die gleich uns den Stromboli betrachten, fotografieren und filmen wollten. Nachdem wir an ihm vorbeigefahren waren, wurde der Krater immer deutlicher zu sehen. Er zeigte sein offenes Maul, aus dem es momentan nur rauchte, aus dem er aber schon Feuer und Lava gespuckt und damit Unheil angerichtet hatte. Einmal schien uns, der Rauch sei nicht nur weiss, sondern auch braun gewesen, und hatten wir uns nur eingebildet, Rauch wie bei einer Dampflokomotive zu riechen? Ronny, der Tisch-Steward hatte während einer früheren Fahrt nachts Feuer im Schlund leuchten gesehen.

Das Meer war im Gegensatz zum Vortag spiegelglatt, so, als wären die Wellen mit einem grossen Tuch zugedeckt worden. So glatt kann ich mir nicht einmal den Bodensee denken. Nur die Bugwelle brachte Bewegung und unterbrach das schwärzliche Blau mit seinem weissen Schaum, unter dem es türkisfarben schimmerte. In der Ferne wurde die spiegelnde Fläche von zahlreichen matt leuchtenden Flecken und Streifen unterbrochen, die wie aufgerauht wirkten. Sind sie wohl Zeichen für Strömungen an der Oberfläche? Vom Meeresboden dürften sie unmöglich kommen, da er wohl Hunderte von Metern unter uns liegt.

Am Abend war Kofferpacken angesagt. Jussi räumte aus der Schuhtasche meine schwarzen Schuhe aus, die ich zu den Galas hatte anziehen wollen und nicht gefunden hatte, so dass ich schäbig hingehen musste, denn Jussi hatte mir nicht erlaubt, die besseren weissen Schuhe anzuziehen.

Als Jussi unsere Schmutzwäsche vom Schrankboden holte, war sie nass und rötlich verfärbt. Also hatte es auch dort einen Wasserschaden gegeben, nur wir hatten ihn nicht bemerkt. Eigenartigerweise war der Schrankboden am nächsten Morgen wieder trocken.

Ich hatte anfangs geschrieben, dass der Fernseher funktionierte. Zwei deutsche Programme gab es. Im einen wurden meistens deutsche Filme gezeigt, im anderen kamen auch Nachrichten. Wenn man Glück hatte, kamen sie auf Deutsch. Kanal 21 bot klassische Musik: ununterbrochen Tag für Tag von morgens bis abends das Violinkonzert von Brahms.

Es hatte viel Animation gegeben, hauptsächlich für Kinder, aber auch für Erwachsene. So eines nachmittags im Scala-Saal: 3 Mädchen und 2 junge Männer tanzten vor ein paar Zuschauern, und sie tanzten gar nicht schlecht. Die meisten der Anwesenden warteten jedoch wie ich auf die Stewardess Klaudia, die einiges über die Ausschiffung sagen sollte.

Drei Galas hatte es gegeben, einer folgte das Gala-Mitternachtsbuffet. Wie auf der Flamenco lohnte es sich auch hier, die aus Obst und Gemüse gefertigten Kunstwerke zu fotografieren. Angeboten wurden ungefähr die gleichen Zutaten wie am Frühstücksbuffet. Dazu ein Satz aus Mozarts kleiner Nachtmusik. Wenn er zu Ende war, wurde er stets wiederholt.

Zweimal war zum Abendessen eine alleinreisende alte Frau aus Passau an unseren Tisch gesetzt worden. Sie war bereits etwas tütelig, war bis vor 8 Jahren mit ihrem verstorbenen Mann auf Reisen gegangen und sei jetzt auf ihrer 30. Kreuzfahrt. Auf Ausflüge ginge sie nicht mehr. Sie war sehr unglücklich, dass ihre Perlenkette mit wertvollem Verschluß verschwunden war. Sie könne nur vom Personal gestohlen worden sein. Unsere Tischnachbarin beruhigte sie, indem sie ihr erklärte, das Kabinenpersonal würde sich hüten, etwas wegzunehmen, und sie möge noch einmal genau überall suchen. Als wir in Savona auf die endgültige Ausschiffung warteten, saß die Frau in unserer Nähe und freute sich sehr, als ich zu ihr kam. Sie hatte wieder ihre Kette. Wo diese gewesen war? In der Schublade zwischen Papierblättern.

Damit war die Kreuzfahrt zu Ende und am Freitagmorgen um 1/2 2 Uhr morgens waren wir wieder zu Hause.

E-Mail: Edith Graeser



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