Mittelmeer Kreuzfahrt mit der Msc Melody im April 2006


Gesamter Inhalt: Kreuzfahrt Reiseberichte


Bei meiner Suche nach einem passenden Angebot für unseren diesjährigen Urlaub stieß ich im Internet u.a auf Angebote zu dieser Kreuzfahrt. Freunde hatten uns von diesem Schiff vor etwa 8 Jahren vorgeschwärmt. Die Reiseroute "Genua – Neapel – Catania(Sizilien) – Rhodos – Alexandria(Ägypten) – Tripolis(Libyen) – Malta – Salerno – Genua" sagte uns zu und der günstige Preis (ab 699 € p.P.) ebenfalls. Nach Kontakt mit dem Reisebüro "Der Kreuzfahrer - Reiseservice Glaser" in Neuried bei München, über das wir schon mehrere Kreuzfahrten äußerst erfolgreich abgewickelt haben, entschlossen sich meine Frau und ich, die Reise zu buchen. Da wir uns nur zum Schlafen, Waschen und Umziehen in der Kabine aufhalten, entschieden wir uns wieder für eine Innenkabine der günstigsten Preiskategorie (Oceanic-Deck / 3. Passagierdeck von unten). 250 € und mehr sind uns etwas mehr Platz oder ein Bullaugenfenster nicht wert.

Für die An-/Abreise München – Genua wählten wir auf Empfehlung unseres Reisebüros einen Flug mit Air Dolomiti (190 € p.P.). Die vom Veranstalter MSC angebotene Bus-Anreise für 160 € p.P. incl. einer Übernachtung bei der Hinreise erschien uns ebensowenig attraktiv wie schon gar nicht das gleiche Flugangebot von MSC für 390 € p.P. (beim Hinflug über Mailand). Die zusätzlichen Taxikosten für den Transfer zum Hafen in Genua (25 bis 35 € für die ca. 15 min. Fahrt) statt dem kostenlosen Bustransfer von MSC nahmen wir bei diesem Preisunterschied gern in Kauf.

Nachfolgend haben wir unsere Eindrücke und Erfahrungen aufgeschrieben, da wir schon des öfteren von Reiseberichten anderer profitierten und von unserem Reisebüro darum gebeten wurden. Der Bericht ist natürlich subjektiv, auch wenn wir die Meinungen anderer Mitreisender haben mit einfließen lassen. Als Maßstab dienten uns unsere seitherigen 5 Kreuzfahrten im Mittelmeer zu den Kanaren und in der Karibik mit jüngeren und älteren Schiffen der 3- bis 4-Sterneklasse.
Erwähnt sei für den Leser auch noch, daß wir beide Ende 50 sind. Seitdem unsere Kinder aus dem Haus sind, fahren wir auf eigene Faust mit Auto, Zelt und Fahrrad, machen Städtereisen in der Gruppe und gönnen uns gelegentlich den Luxus einer Kreuzfahrt.

Vorausschickend sei gesagt, daß sich die Reise trotz einiger gravierender Mängel für uns gelohnt hat. Wir lernten uns bisher nicht bekannte Orte, Menschen und Kulturen rund um das Mittelmeer ein wenig kennen. Auf dem Schiff hatten wir nette Kontakte zu anderen Reisenden, haben viel gelacht und uns gut erholt. Das Wetter hat die ganzen 11 Tage wunderbar mitgespielt.

Beginnen wir also mit der Anreise vom Flughafen München. Der Flug mit einer 4-motorigen Turboprop-Maschine dauerte gut 1,5 Stunden und war angenehm. Bei schönem Wetter begeisterte der Ausblick auf die Alpen. In Genua gelandet nahmen wir uns ein Taxi zum Hafen. Die Koffer wurden sofort bei Ankunft gegen ein kleines Trinkgeld vom Taxi zum Schiff befördert. Das Einchecken dauerte etwa 1 Stunde, denn viele Gäste waren schon vor uns angekommen.

Im Schiff angekommen wurden wir sofort von einem dienstbaren Geist zu unserer Kabine gebracht. Diese war freundlich eingerichtet, ordentlich und sauber, mit allem Notwendigen eingerichtet, wie immer in der Preiskategorie, klein, aber ausreichend. Die Betten konnte man akzeptieren. Das Bad war gut ausgestattet, sogar die Duschbrause funktionierte einwandfrei. Leider war in unserer Kabine, obwohl im dritten Passagierdeck von unten gelegen, das Motorengeräusch recht deutlich hörbar. Seither hatten wir offenbar trotz teilweise niedrigerer Decks mehr Glück. Wie wir später feststellten, war es aber durchaus auszuhalten. Abends waren wir immer rechtschaffend müde waren und schliefen gut.

Wie wir wußten, war das Schiff zwar nicht mehr das Neueste, befand sich aber optisch und technisch, soweit als Laie zu beurteilen, in gutem Zustand.

Das Schiff war gut belegt. Die, wie man hörte, ca. 1000 Passagiere könnte man als "buntes Völkchen" bezeichnen. Viele Nationalitäten aus ganz Europa, aber auch Amerikaner und Asiaten aller Altersklassen waren vertreten. Eine ganze Schar Kinder ab dem Säuglingsalter und Jugendliche mit Eltern oder Großeltern konnten wir ausmachen. Aber auch einige jüngere Paare entdeckten wir. Die Mehrheit war wie wir natürlich "älteren Baujahrs". Als engagierte Großeltern fanden wir speziell die Aktivitäten der Kleinen, teilweise unterstützt durch das Animatorenteam, immer wieder erfrischend.

Wie wir sehr schnell feststellten, war es mit dem Service an Bord nicht weit her. Auch wenn das Personal überwiegend recht freundlich und aufmerksam war, war die mangelnde Qualifikation auffällig. Speziell im Restaurant erkannte man schnell, daß kaum ein Kellner diesen Beruf gelernt hatte. Hier war das einzige Ziel, die Gäste in möglichst kurzer Zeit "abzufertigen". Die Kellner aller Hierarchien unterhielten sich, schimpften und scherzten laut über mehrere Tische hinweg. Aufgesetzte italienische Fröhlichkeit wurde teilweise durch lautes Singen unterstützt. Die eingesetzten Hilfskellner machten diesen Job offensichtlich zum ersten Mal. Für Fragen, ob es dem Gast geschmeckt hat, blieb zumindest an unserem Tisch ebenso keine Zeit wie danach, ob man vielleicht einen Wein oder ein Bier statt des kostenlos verfügbaren Eiswassers möchte. Hatte man einmal ein Getränk bestellt, stand es aber beim nächsten Mal meist schon am Platz. Auch die Schnelligkeit beim Servieren und das bestimmt gut gemeinte gelegentliche freundschaftliche Armtätscheln unseres Kellners konnte das Gesamtbild nicht verbessern.
In der Rezeption haben wir auf anderen Schiffen schön freundlichere und kompetentere Mitarbeiter erlebt. Die Kabine wurde ordentlich aufgeräumt, Handtücher auf Wunsch gewechselt und das Bad gesäubert. Sieht man vom über mehrere Tage trotz Reklamation nicht gesaugten Kabinenboden und nicht ersetzten leeren Wasserflaschen ab, war der Kabinenservice akzeptabel.

Wohlbemerkt, das Personal bemühte sich durchaus. Die Kritik richtet sich gegen das Management. Man kann von schlecht oder gar nicht ausgebildetem Personal unter Berücksichtigung der diesen wahrscheinlich vorgegebenen Ziele nicht mehr erwarten.

Nicht unerwähnt sollte eine auf heftige Kritik gestoßene Variante bei der Trinkgeldregelung bleiben. Vorgeschlagen wurden 6 € pro Erwachsenem und Tag, was durchaus im Rahmen des Üblichen liegt. In der hierzu verfaßten Info war jedoch zu lesen: "Falls wir nichts weiter von Ihnen hören, wird der Betrag automatisch von Ihrem Bordkonto abgebucht". Das empfanden viele Gäste, wie auch wir, als Frechheit und widersprachen dieser Regelung. Das Trinkgeld gaben wir dann in der uns angemessen erscheinenden Größenordnung an der Rezeption ab. Zusammen mit den von uns direkt verteilten Trinkgeldern entsprach es dem Vorschlag des Veranstalters.

Nun zum Thema Speisen und Getränke, das speziell bei einer Kreuzfahrt immer einen besonderen Stellenwert hat. Frühstück und Mittagessen konnte im Restaurant oder auf der Terrasse (Selbstbedienung) eingenommen werden. Das Abendessen fand grundsätzlich im Restaurant in 2 Sitzungen (18:45 und 21:00 Uhr) statt. Wobei die erste Sitzung total überfüllt war. Wer will schon um 21:00 Uhr zu Abend essen?
Das Frühstücksbuffet war einigermaßen akzeptabel. Es gab so ziemlich alles, was man sich hierunter vorstellt, wenn auch teilweise nicht in der Vielfalt (3 Wurstsorten, über 11 Tage immer die gleichen, sind nicht gerade viel.), die man vielleicht auf anderen Schiffen kennengelernt hat. Der kostenlos angebotene Kaffee und die Säfte waren eher von bescheidener Qualität.
Beim Mittagessen mußten schon eher Abstriche gemacht werden. Fisch und Fleisch waren häufig trocken oder matschig und das Gemüse eher fad im Geschmack. Die Salate waren frisch und konnten mit verschiedenen Dressings individuell gewürzt werden. Die separat ständig frisch gemachten Nudeln schmeckten immer hervorragend wie auch alle Süßspeisen.
Das bis zu 7-gängige Abendessen war bez. Zubereitung und Würze ähnlich dem Mittagessen am Buffet zu beurteilen. Gelegentlich hatte man Glück und erwischte ein korrekt gegartes und gewürztes Stück Fleisch oder Fisch. Hinzu kam, daß Salate oft nahezu ohne Dressing serviert wurden und Essig und Öl erst beim Kellner geordert werden mußten. Auch hier waren die Süßspeisen ohne Fehl und Tadel.
Das nachmittags zu Tee oder Kaffee gereichte Gebäck war wiederum ohne Fehl und Tadel. Die verschiedenen Mitternachtsbuffets und –Snacks konnten wir nicht beurteilen, da wir zu dieser Zeit nichts mehr essen mochten.
Schade, daß die durchweg guten Zutaten in der offensichtlich überforderten Küche häufig so vergewaltigt wurden.

Das Leben an Deck, in den Lounges und Bars gestaltete sich meist problematisch. Wir waren ständig auf der Suche nach einem ruhigen, zugfreien Plätzchen. Vielfach plärrten Fernseher, verschiedentlich mehrere im Abstand von wenigen Metern in unterschiedlichen Sprachen. Oder die i.d.R. recht gute Life-Musik wurde elektronisch teilweise so verstärkt, daß eine Unterhaltung nur noch schwer möglich war.
Ganz schlimm wurde es, wenn das Animatoren-Team in Aktion trat und zu Bingo, Gymnastik, Tanz und anderen Aktivitäten aufrief. Für max. 20 bis 30 Gäste, die hier mitmachten, wurde auf den Pool-Decks ein Lärm veranstaltet, der einfach lästig und teilweise nicht mehr erträglich war. Hier half nur noch die Flucht in einen etwas ruhigeren Schiffsteil, wenn es ihn denn gab (siehe oben). Als Raucher hatte man zudem das Problem, daß in einigen Lounges/Bars das Rauchen ganz und in weiteren zeitweise untersagt war.

Das Restaurant war mit Tischen und Stühlen vollgepfropft, daß Gäste und Kellner sich überall durchschlängeln mußten. In der voll besetzten 1. Sitzung wurde es allein hierdurch ziemlich laut. Zusammen mit den lärmenden Kellnern, klapperndem Geschirr und den offensichtlich bei der Einrichtung eingesparten Komponenten zur Raumtrennung und Schalldämmung ergab sich so ein Lärmpegel, der es unmöglich machte, sich mit anderen als seinen unmittelbaren Tischnachbarn zu unterhalten. So verließen wir nach dem letzten Gang sehr schnell unseren Tisch, was wohl im Sinne einer schnellen Abwicklung auch so gewünscht war. Tischdekorationen, wie Blumen oder Kerzen fehlten gänzlich.
Zum Buffet auf dem Pooldeck gab es große Kunststoffteller, die eher zu Werkskantinen passen, für Säfte standen Plastikbecher aus dem Camping-Zubehör zur Verfügung. Den Kuchen mußte man mit großen Gabeln oder mit zerbrechlichen Plastiklöffeln essen, die eigentlich für Kaffee und Tee zur Verfügung standen.

Die Shows haben wir nicht besucht und waren froh, während dieser Zeit etwas mehr Platz und damit auch Ruhe zu haben. Die Resonanz anderer Gäste war eher mäßig. Auch über Kino, Spielcasino und Fitneßcenter können wir, da nicht besucht, nicht berichten.

Es wurden interessante Ausflüge angeboten. Leider war die zu Verfügung stehende Zeit wie üblich recht knapp bemessen. Die örtlichen Führer waren im Schnitt akzeptabel. Man sollte, wie auch wir, wirklich nicht jeden Ausflug mitmachen. Eigene Erkundungen bringen, wenn die Orte oder Ziele in Hafennähe liegen, manchmal mehr und schonen den Geldbeutel. Sehr angenehm war es, wenn bei größeren Entfernungen vom Hafen, wie z.B. in Salerno, ein Shuttle-Bus zur Verfügung stand. Eine Beschreibung der Ausflüge würde hier zu weit führen und wäre zu lückenhaft, da wir nur einige wenige (4), für uns interessante mitgemacht haben, aber die haben sich in jedem Fall gelohnt.

Die Information über die täglich verteilte Bordzeitung war eher dürftig. Die Möglichkeit die neuesten ZDF-Nachrichten in der Kabine oder in den Lounges sehen zu können, viel dagegen recht positiv auf.

Die Ausschiffung war perfekt und schnell. Abgesehen von der "Servicewüste" im Flughafen Genua (einen Cappuccino im Sitzen zu sich zu nehmen, war beispielsweise nicht möglich), wo wir uns Gott sei Dank nicht allzu lange aufhalten mußten, gestaltete sich unsere Heimreise mit Air Dolomiti wieder sehr angenehm.

Last but not least zu den Preisen an Bord und für die Ausflüge. Die Getränkepreise in Bars und Restaurant waren nicht gerade discountverdächtig, bewegten sich aber in üblichem Rahmen (z.B. kleine Cola = 2,40 €, kleiner Capuccino = 1,60 €, 0,5 l Wein = 7 €, 0,4 l Bier = 4 €).
Bei den, wenn man in der knappen Zeit etwas sehen will, kaum immer vermeidbaren Ausflügen wurde dagegen, wie leider ebenfalls üblich, kräftig zugelangt (Halbtagsausflüge = 26 bis 54 €, ganztägige Exkursionen = 92 bis 116 €).

Zum Ende dieser Betrachtung noch ein paar abschließende Bemerkungen. Der vergleichsweise günstige Reisepreis kann nicht allein ausschlaggebend für die geschilderten gravierenden Mängel sein. Denn zum einen haben Mitreisende für diese Reise über andere Reisebüros nach ihren Aussagen in vergleichbarer Kategorie wesentlich mehr bezahlt. Zum anderen haben wir selbst auch auf niedriger eingestuften Schiffen, zuletzt im Sommer des letzten Jahres auf der Ostsee, wesentlich bessere Leistungen erhalten.

Uns drängt sich der Eindruck auf, daß hier ein unfähiges und kurzsichtiges Management die Daumenschrauben finanziell weit zudreht und somit die vor Ort Verantwortlichen nicht mehr in der Lage sind, sich qualitativ und quantitativ mit dem Personal auszustatten, das benötigt wird, um eine akzeptable Leistung zu bringen. Möglicherweise setzt sich hier bei einem Italienischen Unternehmen das fort, was wir in der deutschen Wirtschaft seit Jahren kennen: Auf persönlichen kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Jungdynamiker, seit wenigen Jahren der Uni entwachsen, spielen Unternehmer. Das Unternehmen selbst incl. seiner Kunden interessiert sie weniger, denn bis ihre Mißwirtschaft nicht mehr vertuscht werden kann, sind sie längst mit oder ohne passable Abfindungen in anderen Unternehmen sowie möglicherweise nächst höheren Hierarchien und richten dort noch mehr Unheil an.

Gelernt haben wir hieraus, daß wir in Zukunft, speziell bei günstig erscheinenden Sonderangeboten, noch intensiver nach Reise- und Erfahrungsberichten, möglichst jüngeren Datums suchen müssen. Sollte es sich um eine allgemeine Entwicklung durch immer stärker werdenden Konkurrenzdruck im Bereich der Kreuzfahrtveranstalter handeln, werden wir wohl auch höhere Preise in Kauf nehmen.




© Wolfgang Metzger