Norwegen-Kreuzfahrt mit der Mona Lisa


Gesamter Inhalt: Kreuzfahrt Reiseberichte


Schiff:                   MS Mona Lisa,

Datum:                 17.07.2006 -  28.07.2006

Strecke:               Cuxhaven – Nordkap – Cuxhaven

Veranstalter:       Holiday Kreuzfahrten, 41812 Erkelenz

Vorbemerkungen: Wir buchten erstmalig bei einem Direktanbieter; Titel: Wunderbares Norwegen – vom Süden bis zum Nordkap. Wir entschieden uns für individuelle Anreise per PKW und nutzen das Angebot des Veranstalters zur Garagenunterstellung des Wagens bei einem Drittanbieter.

 

Beratung vor Ort: Aufgrund besonderer gesundheitlicher Anforderungen war die Breite der Betten für uns wichtig. Durch das Reisebüro des Veranstalters in Berlin wurde uns schriftlich eine Einzelbettbreite von 0,90 m bestätigt. Diese Breite ist nicht korrekt; die Betten sind nur 0,70 – 0,80 m breit. Abgesehen von diesem Mangel war die Beratung zuvorkommend, umfangreich und vollständig.

 

Kabinentyp: MQ 2, Minisuite, franz. Bett (Betten auch einzeln aufstellbar), außen, Fenster,  Bad/WC, Aloha-Deck.

 

Einschiffung: Holiday Reisen verfügt über eine separate Einschiffungshalle in Cuxhaven, die gut ausgeschildert und problemlos zu finden ist.  Der Verweis an den externen Anbieter wegen der Unterstellung des Wagens erfolgte schnellstens und  freundlich. Innerhalb weniger Minuten kümmerten sich ‚gute Geister’ um unser Gepäck und den Wagen.  In der Einschiffungshalle wurden kalte Getränke angeboten. Aufgrund des gebuchten Kabinentyps konnten wir bevorzugte Einschiffung genießen und waren schnell an Bord. Die Begrüßung war sehr freundlich, ja herzlich. In der Kabine angekommen, reklamierten wir die Stellung der Betten, was von unserer Kabinenstewardess sofort korrigiert wurde. Überrascht hat uns später beim Blick aus dem Fenster, dass nach rd. 1 ½ Stunden noch immer Reisende auf Einschiffung wartend in der prallen Sonne auf der Gangway standen. Bei diesen Gästen machte sich nach teilweise sehr langer Anreise verständlicherweise Unmut breit.

 

Zustand Kabine:  Der Zustand der Kabine hat uns erschreckt. Der Prospekt preist die  MS Mona Lisa als ‚alte Lady’ an – wir fanden eine abgearbeitete und längst nicht mehr heutigen Ansprüchen genügende alte Frau vor. Ladylike ist nichts! Die Möbel bestehen aus unterschiedlichen Holzfurnieren, Schubladen klemmen, die Sessel sind durchgesessen, die Polsterung verschlissen, an einigen Stellen aufgerissen.  Teppich und Vorhänge haben bessere Zeiten gesehen. Die Badewanne ist eine Zumutung und als solche nicht benutzbar. Eine Temperaturregulierung in der Dusche ist nicht möglich – von extrem heiß zu eiskalt schwankend binnen Sekunden. Da hilft gelegentlich nur ein beherzter Sprung zur Seite.  Der Duschstrahl fiel extrem mager aus, alle Wasserleitungen geben laute Geräusch von sich – übrigens gut hörbar auch die der Nachbarkabine. Die Klimaanlage ist nicht individuell regulierbar; der teilweise eiskalte Luftstrom Tag und Nacht kann zu gesundheitlichen  Problemen führen.  Immerhin: Kabine und Bad waren sauber.

 

Zustand Schiff/Öffentliche Bereiche:  Der Eindruck von unserer Kabine setzt sich fort. Das Schiff hat seine besten Zeiten hinter sich und bedarf dringend einer kompletten Überarbeitung! Der Zustand ist umso bedauerlicher, weil der sicherlich vorhandene Charme des alten Schiffes mitsamt den Holzvertäfelungen, den Messingbeschlägen und den wunderschönen offenen und geschlossenen Promenaden durch den schadhaften Zustand nicht zur Geltung kommen kann.  Das Mobiliar wirkt teilweise zusammengewürfelt, teilweise ist es beschädigt,  abgeblättert. Auf einer offenen Promenade befindet sich in etwa 2,50 m Höhe ein dickes Rohr, aus dem unablässig Wasser tropft. Die schadhafte Stelle scheint seit langem zu existieren, dicke Kalkablagerungen haben sich  gebildet.  Zum technischen Zustand können wir mangels Fachkenntnis keine Aussagen machen, vermuten ‚unter der Wasserlinie’ aber einen gleichfalls veralteten Zustand. Die Klimaanlage kennt nur 2 Zustände: Eiskalt oder gar nicht. In der Bibliothek und vor dem Ausflugsbüro ist der eiskalte Luftstrom nicht auszuhalten. An anderen Stellen ist die Luft immer abgestanden. Das Restaurant Coral weist eine besser erhaltene  Möblierung auf, bietet aber leider keinen Blick nach draußen, was insbesondere bei landschaftlich reizvollen Streckenteilen schade ist. Mittelpunkt des Lebens auf der MS Mona Lisa ist bei gutem Wetter das Lido-Deck. Hier findet jeder ein ruhiges oder lebhaftes Plätzchen, in der Sonne, im Schatten – nach Wunsch und Verfügbarkeit. Sowohl der Pool hier als auch die Pools auf dem Sport- und Unterdeck  machen keinen ansprechenden Eindruck: Alte und teilweise schadhafte Kacheln, Kalkablagerungen, seitlich heraushängende Leitungen/Schläuche.  Der Fitness-Bereich im Unterdeck ist nicht als solcher zu bezeichnen – kalt und lieblos, von grellen Neonröhren erhellt existiert hier der Charme einer Wartehalle.

 

Servicepersonal/Mitarbeiter: Durchweg und von kleinen Ausnahmen abgesehen herrscht auf der MS Mona Lisa ein sehr freundlicher und stets servicebereiter Ton. Auch untereinander scheint das Klima zu stimmen, die Atmosphäre insgesamt ist angenehm. Unsere Kabinenstewardess erwies sich als ‚Goldstück’, unser Tischsteward überzeugte mit schweizerischem Charme und bewundernswert gleich bleibend heiterem Gemüt. Bei einzelnen Mitarbeitern aus den osteuropäischen Ländern wäre eine Abrundung der Deutschkenntnisse wünschenswert.  Besonders beeindruckt hat uns die unaufdringliche Hilfsbereitschaft gegenüber behinderten Passagieren. Dies schließt gleich bleibende Freundlichkeit, Geduld und Servicebereitschaft insbesondere gegenüber älteren Herrschaften ein.  Das Arbeitspensum der ‚guten Geister’ ist beeindruckend!

 

Die Mitreisenden: (Ein wichtiges Thema – kann man ihnen auf einem Schiff doch nicht entrinnen.) Überwiegend älteres Publikum; nur vereinzelt Kinder an Bord.  Von wenigen – eher amüsanten – Einzelpersonen abgesehen durchweg angenehme, unaufdringliche Reisebegleiter.  Die freundlich-familiäre Atmosphäre an Bord überträgt sich schnell und wohltuend auf die Passagiere. Aufgrund der angenehmen Überschaubarkeit des Schiffes und der Anzahl der Passagiere ist das für uns richtige Verhältnis zwischen interessanten Kontakten zu anderen Menschen und Oasen der Ruhe und des allein seins gewahrt. 

 

Bordunterhaltung:  Für jüngeres und an lebhaften Unterhaltungsprogrammen interessiertes Publikum kann zu ruhig sein. Wir hingegen haben den Verzicht auf ‚Zwangsbespaßung’, lautstarke Animation und eine Borddisko als sehr angenehm empfunden.  Zu Shows und Unterhaltungsprogrammen können wir keine Aussagen machen, da wir daran nicht teilgenommen haben. Zu schön war die vorbeiziehende Landschaft, die sich in den hellen Sommernächten des Nordens genießen lässt. Von den Teilnehmern jedoch hörten wir durchweg Begeisterung. Sehr schön ist der große Kinosaal – eine Rarität auf heutigen Schiffen. Dieser Raum könnte viel intensiver genutzt werden – auch, um z. b. per Video Werbung für weitere Reisen mit der MS Mona Lisa oder dem Schwesterschiff MS Lili Marleen zu machen.  Die im Kino stattfindenden Vorträge unseres „Berufsnorwegers“ haben wir sehr genossen. Dabei gab es aus erster Hand Interessantes und Amüsantes über Norwegen und seine Einwohner, Geschichte, Kultur, modernes Leben – gut verpackt dargeboten.

 

Ausflüge: Die Ausflüge waren durchweg gut organisiert, Wartezeiten bei der Ein- und Ausschiffung hielten sich in vertretbaren Grenzen.  Die bei längeren Ausflügen inkludierten Essen fanden in angenehmen Restaurants statt; die Qualität der angebotenen Speisen war hervorragend.  Unangenehm war, dass in den Bussen auch bei Ganztagesausflügen kein Getränkeservice angeboten wird (worauf zumindest rechtzeitig hingewiesen werden sollte, so dass die Gäste sich bevorraten können).  Ob die Fotohalte immer geschickt ausgewählt werden, ist sicher eine individuelle Geschmacksfrage. Toilettenpausen im 20-Minuten-Abstand halten wir trotz des älteren Publikums für übertrieben.  Die meist einheimische Reiseleitung empfanden wir als sehr angenehm; die mündlichen Hinweise während der Fahrten waren informativ und passend.  Die angenehme Erinnerung an die Landausflüge wurde gewiss auch durch die beeindruckenden norwegischen Landschaften hervorgerufen. Das macht Appetit auf mehr!

 

Verpflegung an Bord: Für das Frühstücks- und Mittagsbuffet stehen das Restaurant Coral und das offene Restaurant auf dem Lido Deck zur Verfügung, wobei die angebotenen Speisen identisch sind; abends wird leider nur im Restaurant serviert.  Frühstück: Das Frühstücksangebot ist ausreichend und schmackhaft, aber leider wenig abwechslungsreich. Marmeladen und Honig werden in kleinen Plastikportionen von minderer Qualität gereicht und bleiben während der ganzen Reise unverändert.  Wurst- und Käseaufschnitt in eher durchschnittlicher Auswahl aber guter Qualität. Beeindruckend ist das stets frisch geschälte/geschnittene Obst. Selbst in Mittelklassehotels wird heute beispielsweise Lachs selbstverständlich gereicht. Dies wurde uns nur 1 x während der Reise zuteil.  Rührei, gekochte Eier etc. werden auf dem Lido Deck als Buffet angeboten, im Restaurant müssen die warmen Speisen separat nachgefragt werden und werden dann einzeln serviert.  Mittagessen:  Gutbürgerlich und abwechslungsreich mit ordentlicher Auswahlmöglichkeit, aber ohne kulinarische Höhepunkte, was zum Mittag auch nicht zwingend notwendig ist.  Auch hierbei stets frisches Obst und Salat im Angebot. Abendessen:  Salatbuffet mit gleich bleibendem Angebot. Hier sind mehr Abwechslung und Kreativität gefragt. Gute Auswahl an diversen kalten und warmen Vorspeisen und Suppen. Mindestens 2 Hauptgerichte zur Auswahl, 1 vegetarisches Gericht, 2 Desserts. Aufgrund der pro Gang servierten sehr übersichtlichen  Menge empfiehlt es sich für Gäste mit durchschnittlichem Appetit, für ein angenehmes Sättigungsgefühl  wirklich alle Gänge zu wählen. Die Qualität erlebten wir hierbei überraschenderweise stark schwankend: Von himmlisch zartem Roastbeef bis zur zähen Lammschulter.  Uns ist nicht klar, ob sich der Anspruch des Restaurants auf Sterne-Niveau bewegen soll (dann fehlt qualitativ und kreativ noch eine Menge) oder ob handwerklich gute Küche für das breite Publikum angeboten wird (dann wäre das Angebot um ‚Schicki-Micki-Effekte’ zu bereinigen und die Portionen deutlich zu vergrößern). Aus unserer Sicht wäre oft weniger mehr – weniger Dekoration, mehr Qualität der Produkte und der handwerklichen Kunst der Zubereitung. Das Galabuffet war sowohl kulinarisch als auch optisch sehr gelungen und ließ im Wesentlichen nichts vermissen. Bedauerlich fanden wir, dass kaum frischer Fisch und Meeresfrüchte aus den umgebenden norwegischen Gewässern angeboten wurden.

 

Kapitänsempfang/Kapitänsdinner:  Diese Zeremonien, aus der großen Zeit der Atlantiküberquerungen stammend, haben sich heute überholt. Wie die Reiseleitung uns versicherte, ist dies aber für einen Teil der Gäste einer der Reisehöhepunkte. Wir haben auf den Kapitänsempfang verzichtet, hatten aber die Ehre, an den Tisch des Kapitäns geladen zu sein. Wir fanden uns pünktlich ein. Nach einer halben Stunde ergebnisloser Wartezeit – der Empfang hatte sich wie üblich reichlich in die Länge gezogen – verzichteten wir auf das Angebot, was für uns überraschend große Irritation und  hektische Betriebsamkeit der Reiseleitung auslöste.  Die Vorstellungen über die Wichtigkeit des gesellschaftlichen Lebens an Bord sind gewiss sehr unterschiedlich. Vielleicht als kleine Wiedergutmachung wurden wir zu einem glas Sekt auf die Brücke geladen. Für einige Minuten dort oben zu stehen und den weiten Blick über das Meer zu genießen, war einer der Reisehöhepunkte. Der Charme der MS Mona Lisa besteht auch in der Ausstattung der Brücke, die noch immer die alten Vorrichtungen der klassischen Seefahrt  enthält und trotz Computersteuerung eben nicht nur aus Joystick und Trickball besteht.  Die Crew auf der Brücke war auch unseren ‚Landratten-Fragen’ gegenüber sehr freundlich und zu Erklärungen bereit.

 

Ausschiffung: Die notwendigen Vorbereitungen erfolgten sehr rechtzeitig, die Gäste wurden über das Notwendige am Vortag im Rahmen kurzer Vorträge umfassend unterrichtet. Für Gäste mit längerer Rückreise wurde bereits ein Lunchpaket angeboten. Am Ausschiffungstag funktionierte alles reibungslos und schnell – von der offenbar unausrottbaren Unart mancher Passagiere abgesehen, die Flure und Treppen weit vor dem Aufruf zu belagern und damit zu blockieren. Die Verabschiedung durch die Crew in typischer Mona-Lisa-Manier: Herzlich und mit vielen guten Wünschen. Unser Gepäck fanden wir bereits in der Ausschiffungshalle vor, die Abholung unseres Wagens war in wenigen Minuten erledigt. 

 

Fazit:  Ein abwechslungsreicher und interessanter, aber auch erholsamer Urlaub mit kleinen Schwächen. Bedauerlich ist der aktuelle Zustand des schönen, alten  Schiffes. Hier beschleicht uns der Verdacht, dass die alte Dame noch schnell  viele Euros einbringen soll, bevor ihr natürliches Ende naht.  Dem Schiff ist ein Eigner zu wünschen, der den verantwortungsbewusst und den alten Charme erhaltend behutsam aber umfänglich renovieren lässt. Ihm geben wir auf den Weg: Kühe, die gemolken werden sollen, müssen zuvor gefüttert werden.

 

Dann wird die MS Mona Lisa die Besondere sein und sich wohltuend von den modernen, unüberschaubaren, schwimmenden Hotels und ihrer lauten Spaßgesellschaft abheben.

 

 

Eberhard & Margret Winkler




© Eberhard & Margret Winkler